29 Tage Indonesien

Moin zusammen. Das Kapitel “zwei Monate Südostasien” ist nun auch schon wieder vorbei und hier nun die letzten Eindrücke von 29 Tagen Indonesien.

Nachdem ich bereits mit einigen Leuten über Indonesien gesprochen hatte, waren die Erwartungen hoch angesetzt an den Staat mit über 17.000 Inseln und der größten muslimischen Bevölkerung (200 Mio. von 240 Mio.). Nach einer abenteuerlichen Busfahrt im public transport, der eher als Beförderungsmittel für Küchengeräte verwendet wurde und Stops an so manchen Privathaushalten gemacht hat, kam ich in Bukit Lawang, Sumatra, an. Wunderschönes Hostel am Fluss, auf der anderen Seite begann der Dschungel und dem Fakt, dass ich der einzige Gast auf der Flussseite war – obwohl es ca. 20 Hostels gab. Die Regenzeit macht sich doch bemerkbar. Was tut man dann? Spielt man eben mit den Einheimischen Takraw (= “der geflochtene Ball”), was vergleichbar mit Fusstennis ist, nur Barfuß und somit mehr Schmerzen. Glücklicherweise gab es etwas entfernt noch sechs Holländer, wodurch die 2-Tages-Dschungel-Tour dann doch stattfand. Alleine wäre es ausgefallen. Herausfordernde Kletterstrecken, viel Dreck und wild lebende Orang-Utans haben das Ereignis dann auch unvergesslich gemacht. Leider wurden diese mit Essen gelockt und meine Intervention dagegen wird wohl leider keine Wurzeln schlagen. Insgesamt gibt es 140 Tourguides und jeder geht zur Hauptsaison ca. 2x/Woche auf Tour. Kann man sich also ausmalen, inwieweit das noch als “wild life” zu bezeichnen ist. Nachts dann weiter aufwärts am Fluss in einem vorbereiteten Camp verbracht. Dass die Strömung sehr stark war, hat eine Mitstreiterin am eigenen Leib erfahren. Auf einen Stein im Wasser gesetzt, einen Moment nicht aufgepasst und schon war sie 20m weiter ohne BH, verzogener Hose und dem Gesichtsausdruck, dass das nächste Mal unter Wasser das letzte Mal sein wird. Natürlich rein gar nichts passiert und nach kurzem Schreck war auch alles wieder gut;) Dann der Zufall schlechthin. Einen Tag später – kurz vor meiner Abreise – höre ich eine vertraute Stimme hinter mir: “Patrik?” Stand doch tatsächlich Thomas hier in Indonesien. Mit Thomas hatte ich Weihnachten mit dem exzellenten Rum in den Philippinen verbracht. Wir hatten zwar Kontaktdaten ausgetauscht, aber aufgrund von unterschiedlichen Routen seither nicht geschrieben. Ich bin wie geplant weiter nach Danau Toba, was dem heutigen Koh Tao gleicht – nur 20 Jahre früher. Resultat: Viel zu viele Restaurants und Unterkünfte. Wenn 10 Gäste in der einzigen Bar sind, gilt das als Erfolg! Anyways, hier 3 Tage entspannt und den Arzt ohne Englischkenntnisse wegen Fieber aufgesucht. Wie auch vorher schon gewusst, mit Händen und Füßen und jahrelanger Activity-Erfahrung klappt alles. Dennoch hat sich der Trip nach Danau Toba gelohnt, da ich einen Deutschen kennengelernt habe, der mittlerweile in San Francisco lebt und dort bereits ein Unternehmen verkauft hat. Also eine weitere Anlaufstelle, top! Weiter ging es zum Flughafen, wo man quasi alle 10 Minuten zu einem Foto gebeten wurde. In Erinnerung wird mir jedoch die Gruppe von Mädchen bleiben, die mir nach Ankunft noch eine Serviette mit dem Vermerk “Read me” in die Hand gedrückt haben. Was kommt nun? Handynummer? Willst du mit mir gehen? Nichts dergleichen, sondern Tips, was man in Jakarta (Hauptstadt) machen kann. Mega gut, mega nett! Außen am Bus hat dann auch noch jemand einen späteren Bus genommen, um mit mir zu warten + einen Kontakt gegeben, der mir für die weitere Reise noch Unmengen an Tips gegeben hat. Nach dem Tag und weiteren Erlebnissen kann mir der Glaube an die Höflichkeit von indonesischen Menschen keiner mehr nehmen! Gegenbeispiel dann in Yogyakarta, wo ich in einem Hostel neue Freunde gefunden hatte: Bettwanzen. Die Eigentümer hat es nicht wirklich interessiert und bis auf ein neues Zimmer wollten sie mir nicht entgegenkommen. Die Krönung war dann auch noch, dass ich kurz nach meinem Raumwechsel bereits eine andere Person in dem Zimmer sah. Gereinigt wurde hier nichts in der Zwischenzeit. Ein Hostelwechsel, drei Spraydosen, drei Tage mit einer Spezialcreme auf der Haut und einem Waschgang mit Trockner von all meinen Sachen später war die Plage dann “auch schon” besiegt. Hier ist Disziplin gefragt. Die Dinger sind brutal hartnäckig und einige bekommen sie selbst nach 2 Wochen nicht los.
Mittlerweile war auch Thomas nachgekommen und die restliche Zeit sind wir zusammen gereist. Als erstes gemeinsames Erlebnis war eine viertägige Tour nach Bali mit Unterkunft und Stop beim Vulkan Ijen, sowie dem berühmten Berg Bromo geplant. Leicht angeschlagen kamen wir nach 12 Stunden Fahrt nachts im Hostel an, dass aber weder unser Hostel war, noch getrennte Zimmer hatte, oder in irgendeinerweise schlaftauglich war. Nach einige Spirenzien von unserem Fahrer, der natürlich gar nichts (Ironie!) dafür kann, befanden wir uns wieder im Minivan in dem wir mit ein paar Bier die Nacht verbracht haben. Trotzreaktion um nicht für das Hostel zu zahlen und den Herren nicht nach Hause gehen zu lassen. Gibt schlimmeres, wir hatten unseren Spaß;) Long story short: zurück zum Office am nächsten Tag um das Geld zurückzubekommen. Zunächst ist die Situation bereits nach 1 Minute leicht eskaliert und letztendlich haben wir mit Hilfe der Polizei unser Geld wieder bekommen. Der Polizist btw war ca. 50, durchaus herzlich, hat anscheinend öfter mal Hunger und konnte kaum ein Wort Englisch. Resultat: er war die ganze Zeit als eine Art Botschafter nickend neben uns, hat sich alles angehört, aber kein Wort verstanden. Dennoch immer gelächelt und sich wohl gedacht: “Ach, die werden das schon regeln.” Nachdem wir also die Tour gecancelled haben, sind wir direkt weiter 15-Stunden nach Ubud, Bali. 36-Stunden im Bus, neuer Rekord für mich. Anyways, mit diesem Erlebnis und nach 1,5 Monaten reisen war die Zeit gekommen, dass wir einfach mal runterkommen mussten und nicht bereits wieder nach 4 Tagen weiter. Wer nichts über das Yoga Retreat lesen will, einfach Passage überspringen.

Ubud dürfte so manchen aufgrund des Films “Eat, Pray, Love” mit Julia Roberts bekannt sein. Der Ort ist für seine Massage-/Yogamöglichkeiten und entspannte Atmosphäre bekannt. Wenn sich in einem Dorf aber bereits Läden wie Billabong und Starbucks befinden, weiß man wie der Hase läuft. Deshalb waren wir auch sehr froh vom Silent Retreat gelesen zu haben, welches ca. 1 Stunde entfernt ist. Seit einem halben Jahr befindet sich mitten in den Reisfeldern ein neues Retreat, dass die Geschichte eines Ashrams fortsetzt. Täglicher Plan war:
7.00 Yoga
8.00 Meditation
14.00 Yoga
15.00 Meditation
16.30 Hot Springs/Heiße Quellen
20.00 Gemeinschaftsbereich geschlossen

Außerdem konnte man einen Spaziergang durch die nahgelegenden Reisfelder machen (UNESCO Weltkulturerbe), einen Berg besteigen, sich massieren lassen, oder einen Scooter/ein Fahrrad nehmen und das Gelände verlassen. Es gab also einen festen Tagesplan, wie man allerdings den Tag verbracht hat, war jedem frei überlassen. Da ich mein Handy + Computer weggesperrt hatte, war ich trotz der frühen selbstgesetzten Schlafenszeit z.B. selten um 7.00  wach und bin stattdessen joggen gegangen. Insgesamt ist das Retreat für 35 Leute ausgelegt und man kann täglich gehen und kommen. Also auch hier kein festes Programm, sondern sehr viel Freiheit. Jeder kann für sich selbst entscheiden, wie er die Zeit und Ruhe nutzt. Die Besucheranzahl hat in den Tagen von 3-12 geschwankt. Manche bleiben länger, weil sie merken, wie gut ihnen diese Auszeit bekommt. Andere hingegen haben nach einem kleinen Nervenzusammenbruch und vielen Tränen den Ort bereits nach einer Nacht verlassen. Zeigt sich wieder, dass es vielen Menschen schwer fällt, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Die Leute, die länger da bleiben, bedienen sich an der angebotenen Bücherauswahl, sortieren ihre Gedanken und schreiben viel auf. Sei es Verarbeitung von lang aufgestauten Emotionen, Zukunftsplänen, Wünschen usw.. In den sechs Tagen habe ich täglich nicht mehr als 3-4 Dialoge à max. einer Minute gehabt bzgl. Informationsaustausch. Zum Beispiel, ob der Scooter zur Verfügung steht, man einen Massagetermin ausmachen kann oder wegen einer Position beim Yoga. Da es ein Ort ist, an dem jeder mit sich selbst beschäftigt ist, geht man nicht auf andere Menschen zu und fragt: “Na, wie geht’s so?”, wie man es in einer Bar machen würde. Ich hatte in den Tagen nicht wirklich ein Bedürfnis zu sprechen und habe die Zeit sehr genossen. Abwechslungsreich war der Abend bei den heißen Quellen. Auf dem Rückweg haben wir einen Stop eingelegt, Fleisch gegessen, sowie Bier und Cola getrunken. Da das Essen im Retreat nur vegetarisch war, konnte ich an dem Abend kaum schlafen. Mein Körper war wohl überfordert mit Proteinen und Zucker. Auch interessant die Reaktionen seines Körpers wahrzunehmen. Am vorletzten Tag haben Thomas und ich noch einen 2300m hohen Berg bestiegen, welcher gleichzeitig ein Pilgerweg war mit Tempel auf der Spitze. Zurück im Retreat gab es dann noch eine Abschiedsfeier für die Karen, Yoga-Lehrerin, die ihren letzten Tag hatte. Hier haben wir festgestellt, dass ca. zwei Drittel aller Besucher sich am ersten Abend übergeben. Luke, ein weiterer Lehrer und super sympathischer und offener Mensch, hat das mit der Energie des Ortes erklärt und dem Neuanfang, den hier jeder beschreitet. Inwieweit das mit der Aura des Ortes zusammenhängt ist fraglich und es gibt selbstverständlich unterschiedliche Meinungen dazu – allerdings ist es auch mir passiert.

Naja, nun vier Tage vor Abreise nach Deutschland haben wir uns auf den Weg zu den Gili Islands gemacht, um hier nochmal Tauchen und feiern zu gehen. Aufgestaute Energie und so. Da jedoch der Wellengang zu stark war + teilweise Regen, konnten wir weder Tauchen gehen, noch Tiefseeangeln und wegen dem zu jungen Publikum war auch das Feiern eher semi. Aber egal, immer das Beste draus machen. The Wolf of Wall Street für 0,80 Cent kaufen und Zimmerservice in Anspruch nehmen. Am vorletzten Tag wurde bekannt, dass wegen den Wellen keine Speedboats mehr fahren und ich musste einen Tag früher abreisen. Anstatt 45min hat es mit der Fähre 10 Stunden gedauert. Aber positive thinking und so wurde dann eben am nächsten Tag 3,5 Stunden Massage eingelegt, bevor es direkt zum Rückflug nach Deutschland ging.

Verschiedenes:
– Indonesien war ca. 300 Jahre von Holländern besetzte. Bzgl. des Verkehrs waren wohl dennoch die 4 Jahre der Engländer ausschlaggebend und es herrscht Linksverkehr.
– Danau Toba (in dt. Tobasee) ist mit einer Fläche von 1777km² der größte Kratersee der Welt. Darauf liegt die Insel Samosir mit 647km². Der Kessel des Tobasees entstand durch die Eruption des Supervulkans Toba vor ca. 74.000 Jahren und hat zu der Zeit die Menschheit auf eine Zahl von 1.000 – 10.000 dezimiert.  Wäre es wohl fast vorbei gewesen mit uns.
– Auf Java befindet sich der Borobudur, der größte buddhistische Tempel der Welt ist (UNESCO Weltkulturerbe)
– Ebenfalls gibt es einen der größten hinduistischen Tempel Südostasiens auf Java, den Prambanan (UNESCO Weltkulturerbe).
– Der Dschungel auf Sumatra gehört, wie soll es anders sein, auch zum UNESCO Weltkulturerbe;)
– Bettwanzen sind etwas kleiner als Ameisen und rot. Geschlüpfte Bettwanzen ersticken durch das Spray, aber die Eier sind nur durch Kälte oder Hitze zu töten, bis zu 12 Frischlinge pro Tag.
– Billigfluglinien im Ausland sind sehr empfehlenswert. An jedem Counter befindet sich ein ganzes Dorf, welches einen “Familienausflug” macht.
– In Indonesien gibt es den teuersten Kaffee, Kopi Luwak. Geheimnis: es ist das Exkret eines Tieres, das wie eine Mischung aus Katze und Marder aussieht. Wie kommt man darauf, das zu verwenden??
– Die meisten Hinduisten in Indonesien befinden sich auf Bali, sind sehr gläubig und haben tausende Zeremonien für die sie auch Unmengen an Geld ausgeben. Daher auch: “Die westlichen Leute kommen hier her und können Geschäfte machen. Wir sind viel zu beschäftigt mit Arbeiten und unseren Zeremonien.”
– 51% eines Geschäfts müssen einem Einheimischen gehören (meistens Landlord). 49% gehören dann oft Ausländischen, die mit Geld Geschäftsmöglichkeiten nutzen.
– Außerhalb der Touristenorte wurde man nicht selten zu den Leuten nach Hause eingeladen. Erstaunlicherweise aber auch von Einheimischen, die uns gerade am Straßenrand gesehen haben und kaum Englisch konnten. Keine Scheu hier also.
– Kurz vor Ende hab ich dann auch endlich die lang ersehnte Offerte gehört: “Cock Massage/Penismassage?” NEIN!
– Wie in den anderen Teilen Südostasiens gewohnt, gibt es selten warmes Wasser zum Duschen
– 50% der Menschen in Indonesien leben von weniger als $2/Tag
– wenn meine Tochter mal sagen sollte (falls ich eine habe), dass sie nach Kuta möchte, muss ich ihr das leider verbieten. Kuta ist das Mallorca der Aussies und befindet sich auf Bali. Allerdings ist das Feiern der Aussies ein anderes Level, was Freizügigkeit und Bereitschaft betrifft. Selbst den Ort gemieden, hört man genügend Stories von der Gegend.
– Allgemein wird die linke Hand für (sämtliche!) Handgriffe verwendet, die Dreck beinhalten. Die rechte hingegen für Essen oder weitere “hygienische” Tätigkeiten. Übergibt man das Geld bspw. mit der linken, ist immer wieder ein leichtes Zögern und eine Minireaktion im Gesicht zu vernehmen. Nach kurzer Eingewöhnungszeit weiß man es und nimmt eben die rechte Hand.
– Die Indonesier haben – wie etliche andere Länder – kaum Kloschüsseln. Durch jahreslange Training ist die Hocke auch außerhalb des “Badezimmers” eine entspannte Position für sie. Habe keinen Reisenden gefunden, der das gemütlich fand!

Seit bestimmt zwei Jahren hatte ich nicht mehr so wenig Augenringe und kann die Reise nur als vollkommen richtige Entscheidung abbuchen. Zunächst bietet das Reisen alleine einige Vorteile (um persönlich zu wachsen, leichter neue Leute kennenlernen oder einfach das zu machen, worauf man Lust hat) und außerdem betrachtet man durch den Mangel von vielem in Südostasien den gewohnten Alltag von einer anderen Perspektive und hinterfragt diesen (was ist einem wichtig? Was braucht man um glücklich zu sein?).

Kapitel Asien ist hiermit abgeschlossen und ich kann jedem nur empfehlen Zeit für eine Reise alleine zu schaffen. Wenn jemand diesbezüglich oder zu Südostasien Fragen hat, gerne einfach anschreiben. Nachdem ich ein “kleines” Problem mit den US Behörden zwecks meines Visums hatte, ist noch nicht ganz entschieden, was die nächste Station ist. Ein Update folgt und die Posts werden wieder kürzer!

In diesem Sinne: bleibt sauber, reinhauen und bis bald!
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